Aus der Kehle des Gefangenen stieg ein tiefes Grollen. Prüfend zog er an den Ketten, die noch immer tief in sein Fleisch schnitten. Mit einem Mal zeichneten sich im Feuer Schattengebilde ab, die sich rasch vermehrten, die Flammen schluckten und die Wände des Kerkers zu durchlöchern begannen.
Sein Antlitz wurde zu einer bösartigen Fratze. 
Es war so weit. Endlich.
Seine Saat hatte ihr zerstörerisches Werk entfaltet.
Das Wesen fühlte, dass seine Verbündeten diesseits und jenseits des Sternenwalls bereit waren. Alles worauf sie warteten, war sein Zeichen.
Es richtete sich mühevoll auf, die Ketten um Hals und Glieder klirrten silberhell. Es packte sie ungeduldig und zerrte an ihnen. Dann brüllte es all seinen Schmerz hinaus und sein Schrei ließ die Welt erzittern.
Dort wo die Splitter seines Herzens lagen, würde dieser Ruf empfangen werden. Jene, die sie hüteten, hatten ihn nicht vergessen.
Denn er war der Herr der Welt.
Und seine Rache würde furchtbar sein.

Bauernritter

Mond und Sterne, die Stellare am nächtlichen Himmelszelt, spiegelten sich im Wasser des kleinen Flusses, der sich rauschend seinen Weg durch den Laubwald bahnte. Der warme Wind roch nach Blättern und feuchter Erde.

Fabio hockte regungslos im Dickicht der Uferböschung und blickte auf die reißende Strömung, die Zweige und Wurzelwerk mit sich fortriss. Offenbar hatten die starken Regenfälle am Mittag den Fluss stark anschwellen lassen. Doch das war Fabios geringste Sorge. Die Fährte endete hier.
Misstrauisch musterte er noch einmal den Wald am gegenüberliegenden Ufer. Leider konnte er nicht erkennen, ob sich die Spuren dort drüben fortsetzten. Fabio seufzte und blickte kurz zum Mond auf, der halb von einer Wolkenbank verdeckt war. Doch Molunah, die mächtigste unter den Erzstellaren, verweigerte ihm heute ihre Gunst.
„Und?“
Hinter sich hörte Fabio das Schnauben eines Pferdes und das leise Klirren eines Kettenhemds.
Er verließ die Deckung und straffte sein Schnürhemd, das er unter dem abgewetzten Umhang trug. „Die Goblins waren hier, Herr.“ Er zog sein Kurzschwert und teilte damit das hohe Gras in der Nähe eines verrotteten Baums. In Molunahs Silberlicht wurde ein Fußabdruck sichtbar, der etwas schmaler und kleiner als der eines Menschen war. Ein ungeübter Beobachter hätte die Fährte für die Hinterlassenschaft eines Gnoms halten können, wären da nicht die ungewöhnlichen Vertiefungen gewesen, welche die überlangen Fußnägel im Erdreich hinterlassen hatten.

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